Ein neuer Beziehungsrahmen
Diese Krise dürfte allen Beteiligten gezeigt haben, dass man in einer Demokratie nach schweizerischem Muster andere Wege gehen musste. 1968 setzte der Bund eine Koordinationskommission für den Waffenplatz ein, in der auch die betroffenen Gemeinden vertreten waren.87 Von nun an verbesserte sich das Klima deutlich, ermöglichte die Kommission doch einen regelmässigen und formellen Austausch. Es fand nun sogar jährlich ein geselliger «Waffenplatzabend» statt, zu dem sich die Stadt und die Kommandanten des Waffenplatzes und der Schulen abwechselnd einluden. Doch trotz dieser Institutionalisierung verzichtete Thun nicht auf die erprobten Instrumente. So reichte zum Beispiel Stadtpräsident und Nationalrat Ernst Eggenberg im Parlament 1982 eine Motion ein um sicherzustellen, dass das Militärdepartement beim Ausbau des Waffenplatzes im Zusammenhang mit der Beschaffung neuer Panzer die betroffenen Gemeinden von Anfang an einbeziehen würde.88
Aber das Klima zwischen Bund und Stadt trübten solche Interventionen nicht mehr. Der Präsident der Koordinationskommission schrieb Eggenberg zu dessen Abschied als Stadtpräsident 1990 Folgendes: «Wenn wir auf die vergangenen 20 Jahre, in denen wir als Partner und manchmal auch als Kontrahenten die oftmals gegensätzlichen Standpunkte der Stadt Thun und des EMD zu vertreten hatten, zurückblicken, dürfen wir vorerst einmal feststellen, dass es Ihnen bereits kurz nach Ihrer Amtsübernahme gelungen ist, das damals sehr verkrampfte Verhältnis zwischen unseren Institutionen zu lösen und in eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zu überführen. Es ist weitgehend Ihr Verdienst, dass die vielfältigen Probleme, die sich aus der Nachbarschaft von Gemeinde und Waffenplatz ergaben, gemeinsam und im Konsens gelöst werden konnten.»89 Mit den periodisch durchgeführten sogenannten «Suldtalgesprächen» fanden Stadt und Bundesbehörden eine weitere Möglichkeit, sich informell auszutauschen. Trotz aller Verbesserungen hatte das Stadtplanungsamt 1975 aber festgestellt, dass der Stadt eine Strategie für den Umgang mit dem Bund fehlte – man hatte die Probleme jeweils von Fall zu Fall geklärt, ohne sich genau zu überlegen, wohin die Reise gehen sollte. Erst die Krise von 1991 führte dazu, dass Thun eine solche Strategie ausarbeitete.90
