Die Stadt in der Region
Ab 1930 entwickelte sich Thun zur Kernstadt einer Agglomeration, die 2016 gemäss Bundesamt für Statistik (BFS) 15 Gemeinden umfasste und bevölkerungsmässig in der Rangordnung der Schweizer Agglomerationen Platz 18 einnahm.15 Lange beschränkte sich die Zusammenarbeit über die Gemeindegrenzen hinweg auf die Bereiche Verkehrsplanung sowie Abwasser- und Abfallentsorgung. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts kamen Tourismus, Wirtschafts- und Siedlungsentwicklung, Energieversorgung sowie Umwelt- und Landschaftsschutz hinzu. 1970 gründeten 37 Gemeinden der Region Thun den Planungsverein Region Thun, der sich 1978 mit dem Planungsverein Region Niedersimmental zur Region Thun-InnertPort (TIP) zusammenschloss. Die Gründung der Regionalkonferenz Thun-Oberland West scheiterte 2010 in einer Volksabstimmung am Widerstand der Simmentaler Gemeinden, die eine Dominanz der Stadt Thun befürchteten. Der Verein Entwicklungsraum Thun (ERT), der 2012 aus der Fusion der TIP und der Organisation Wirtschaftsraum Thun entstanden war, wurde in der Folge der wichtigste Akteur in der Regionalplanung. Seine Aufgabe ist es, die Zusammenarbeit seiner 40 Mitgliedsgemeinden zu fördern und sie in überkommunalen Planungsfragen gegenüber Bund und Kanton zu vertreten.16
Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner in der Agglomeration Thun kontinuierlich zu, doch der Wohnungsbau vermochte die Nachfrage nach Wohnraum häufig nur knapp zu decken. Der stete Bedarf an Bauland verursachte einen starken Siedlungsdruck auf die Landschaft. Um die Stadt und den Agglomerationsgürtel nicht weiter in die Landschaft ausfransen zu lassen, setzte die Regionalplanung der letzten drei Jahrzehnte auf Verdichtung und Umnutzung von schon überbauten Arealen und legte Richtlinien für die Einzonung von neuem Bauland fest. Seit 2014 verlangt das Bundesgesetz über die Raumplanung von den Kantonen und Gemeinden einen haushälterischen Umgang mit dem Boden, eine klare Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet sowie die «Siedlungsentwicklung nach innen».17
Auch die Stadt Thun liess Landschaftsschutzüberlegungen in die Ortsplanung einfliessen und definierte 1986 im Zonenplan Landschafts- und Naturschutzzonen. Seither dehnten sich die überbauten Gebiete innerhalb der Gemeindegrenzen nur noch wenig aus. Das Ziel war nun eine Verdichtung der Stadt, indem man Freiflächen auffüllte und alte Häuser durch grössere Bauvolumen ersetzte. Zudem kam es im Gebiet Allmendstrasse, Scheibenstrasse und Guisanplatz zu einer Umnutzung ehemaliger Industrieflächen: 1998 schuf die Umwandlung der Rüstungsbetriebe zur Ruag die Voraussetzungen für zivile Nutzungen auf einem Teil des Militärgeländes. Ein Jahr später ersteigerte die Selve-Park AG, welche der Stadt und dem Kanton gehörte, das Areal der Metallwerke Selve. Sie liess die meisten Gebäude abreissen und den verseuchten Boden sanieren. 2008–2015 entstand mit der Überbauung des Selve- und des Gerberkäse-Areals ein neues urbanes Stadtquartier mit einer gemischten Wohn- und Dienstleistungsnutzung. Da eine nachhaltige Siedlungsplanung stetig der Entwicklung einer Stadt und Region sowie neuen städteplanerischen Überlegungen angepasst werden muss, arbeitet die Stadt Thun seit 2016 wiederum an einer Ortsplanungsrevision, die sie in den nächsten Jahren mit einem neuen Baureglement und Zonenplan abschliessen will.18
